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Die verschiedenen Nasenriemen und ihre Wirkung

Die verschiedenen Nasenriemen und ihre Wirkung


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Neben Sattel und Sattelgurt ist die Trense mit der wichtigste Ausrüstungsgegenstand beim Reiten. Deswegen sollte ihr mindestens genauso viel Beachtung geschenkt werden. Denn die Passform und Verschnallung haben einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden des Pferdes und somit natürlich auch auf die Leistung. Im letzten Blogpost haben wir erklärt welche tieferliegenden Strukturen im Pferdekopf bei der Trense eine Rolle spielen und auf welche empfindlichen Knochen, Muskeln, Nerven etc. man achten sollte. In diesem Artikel geht es um die Trense bzw. zunächst um den Nasenriemen. Welche Funktion er hat und wie er sitzen und beschaffen sein sollte, damit er das Pferd nicht stört.

Ein wenig Geschichte

Schon früh wussten die Menschen, dass das Nasenbein sehr empfindlich ist und man mit Druck das Pferd gut zähmen kann. Daher wurden Nasenriemen extra tief angesetzt und mit den Zügeln verbunden, so dass sie bei Anzug den Pferden die Luft abgeklemmt haben und sie so gefügig gemacht wurden. Ebenso gab es auch Nasenriemen mit Stacheln auf der Innenseite. Über die Jahre wurde die Trense stets weiterentwickelt und Modelle, wie das Cavesson, welches es bis heute noch gibt, kamen hinzu. Es gab auch Nasenriemen, die eher eine dekorative Funktion hatten, da sie einfach mit in die Backenstücke eingefädelt wurden und mehr oder weniger ohne Druck im Pferdegesicht hingen. Diese Art von Zäumungen sieht man sogar heute noch. Viele Showtrensen und iberische Trensen sind so konzipiert.

Dekorativer Nasenriemen
Ein dekorativer Nasenriemen, wie man ihn oft bei den iberischen Trensen findet

Im 19. Jahrhundert wurde dann der Hannoversche Nasenriemen (auf Englisch „dropped“) von dem deutschen Reiter Ernst Friedrich Seidler erfunden. Er dominierte sehr lange in sämtlichen Ländern, wie Spanien, Österreich und Deutschland. 1931 trug das Pferd Grakle aus der mexikanischen Nationalmannschaft den ersten mexikanischen Nasenriemen (auf Englisch „Grakle“) und dieser wird nach wie vor gerne beim Springen oder in der Vielseitigkeit verwendet. 1960 folgte dann der englisch kombinierte Nasenriemen (auf Englisch „flash“). Ebenfalls zunächst für den Springsport gedacht, um das Feste Martingal (auf Englisch "Standing Martingale") einzuschnallen. Erst ab 1980 war es auch im Dressursport zu sehen.

Sinn und Zweck des Nasenriemens

In dem Buch „Reitlehre“ beschreibt Wilhelm Müselers die Funktion eines Nasenriemens:

  •    er soll das Gebiss gerade und in Position halten
  • er soll verhindern, dass das Pferd sein Maul öffnet
  • und er soll die Kraft der Zügel abfangen

Dennoch beschreibt er nicht, wie ein Nasenriemen angepasst sein sollte oder wie die verschiedenen Nasenriemen wirken. Richard Wätjen befürwortet in „Das Dressurreiten“ die Nutzung eines Nasenriemens, warnt jedoch deutlich davor diesen zu eng zu verschnallen. Das Pferd sollte auf jeden Fall noch in der Lage sein zu kauen.

Weiterhin kann der Nasenriemen sehr hilfreich beim Anreiten von Jungpferden sein. Er gibt dem Jungpferd die nötige Unterstützung beim Kennenlernen des Gebisses und verhindert Angewohnheiten wie das Überkreuzen der Kiefer oder die Zunge über das Gebiss legen.

Wie wir aus den vorangegangen Blogartikeln über die Anatomie wissen, gibt es am Pferdekopf viele empfindliche Bereiche, auf die wir Rücksicht nehmen müssen. Das führt zu einigen Eigenschaften, die ein Nasenriemen mit sich bringen sollte, um das Pferd nicht zu verletzen oder zu behindern.

Polsterung

  • So weich wie möglich, um die Knochen, die nicht durch Weichteile geschützt sind, zu schonen

Verschnallung

  • So fest wie nötig, damit er die genügende Stabilität bietet
  • So locker wie möglich, damit das Pferd kauen kann und seinen Kiefer entspannen kann
  • Oder wie Martin Plewa sagt: das Pferd sollte mit geschlossenen Nasenriemen in der Lage sein ein Zuckerstückchen aufzunehmen und es entspannt zu essen.

Position

  • 2 Fingerbreit unter dem Jochbein
  • Trotzdem soweit oben wie möglich, um die Atmung nicht zu behindern

    Das Pferd kann nur kauen und Speichel produzieren, wenn der Kiefer locker und entspannt ist. Sobald die Kaumuskulatur und somit der Kiefer verspannt oder blockiert ist, hat das Auswirkungen auf das Genick und dessen anhängende Muskulatur bis hin zur Hinterhand

    Die verschiedenen Nasenriemen

    Dropped/Hannoversch

    Dieser Nasenriemen liegt vergleichsweise tief auf der Nase und ist Nasen- und Sperrriemen in einem. Aufgrund der tiefen Lage raten wir von solch einem Nasenriemen ab und empfehlen Abwandlungen wie es von Fairfax oder PS of Sweden gibt. Dank des zusätzlichen Riemens wird der Druck besser auf der Nase verteilt und der Riemen sitzt höher auf der Nase.

    abgewandelte Hannoversche Nasenriemen mit besserer Druckverteilung
    Die zwei abgewandelten "Hannoverschen" Modelle bei uns im Shop:Modell "Pioneer" von PS of Sweden (li.) und Modell "dropped" von Fairfax (re.)

    3.   Cavesson

    Der englische Nasenriemen ist mittlerweile der populärste Nasenriemen und ist aus dem Dressursport nicht mehr wegzudenken. Er sollte breit sein und eine gute Polsterung haben, damit er den Druck gut verteilt. Die richtige Position ist hier ebenfalls wichtig, so sollte er ca. 2 Fingerbreit unter dem Jochbein liegen. Den Nasenriemen gibt es in der Regel mit zwei Verschlusssystemen: normal/englisch oder schwedisch. Während die schwedische Verschnallung mit der Zeit in Verruf geraten ist, sind wir tatsächlich Fan von dieser Art. Warum? Die beiden Ringe, durch die der Verschluss läuft, funktionieren wie Gelenke und ermöglichen so der Trense den Bewegungen des Pferdes zu folgen. Dabei setzen wir natürlich voraus, dass die Kraft der Umlenkrolle nicht missbraucht wird und der Nasenriemen pferdegerecht verschlossen wird. Im Prinzip ist das der einfachste Nasenriemen, mit dem jedes Pferd zurechtkommt.

    Englische Nasenriemen ohne Sperrriemen

    Die zwei Trensen mit englischen Nasenriemen und ohne Sperrriemen:Modell "Slimford" von Schockemöhle Sports (li.) und Modell "Cavesson" von Fairfax (re.)

    4.      Flash

    Noch weiter verbreitet ist der Englisch kombinierte Nasenriemen, sprich ein einfacher Nasenriemen mit einem auf der Nase angesetzten Sperrriemen. Wie wir aus der Studie von Fairfax wissen, ist das der Nasenriemen, der den größten Druck auf der Nase verursacht. Unsere Empfehlung ist daher: wenn der Sperrriemen nicht benötigt wird, sollte man ihn weglassen. Falls er benötigt wird, sollte der Sperrriemen seitlich angesetzt sein, damit er den Druck besser verteilt. Wie zum Beispiel bei der "Equitus"-Trense von Schockemöhle Sports.

    Modelle mit Sperrriemen

    Zwei mögliche Modelle mit Kinnriemen oder Sperrriemen: "Grakle" von Fairfax (li.) und "Paladin" von PS of Sweden

    5.    Grakle/Mexikanisch

    Der Sieger aus der Fairfax-Studie. Auch hier verlaufen wieder zwei Riemen unterhalb des Unterkieferasts und durch die Kreuzung der beiden Riemen wird der Druck gut verteilt. Bei diesem Nasenriemen hat man auch wieder die Sperrriemenfunktion mit dabei. Wichtig ist, dass das Mittelstück, welches auf der Nase liegt, weich gepolstert ist und immer mittig liegt. Er liegt etwas oberhalb eines normalen Nasenriemens.

    Mexikanische Trensen

    Unsere Mexikanischen Modelle von links nach rechts: "Rio Select" von Schockemöhle Sports, "Athens" von PS of Sweden und "Grakle" von Fairfax

    6.    Equitus/Nirak

    Damals war die Micklem in ihrer Funktionsweise revolutionär, jedoch gibt es diese Art von Trensen schon sehr lange. Gerade iberische Pferde werden oft mit solcher Art von Trense geritten. Was ist besonders? Es gibt kein separates Backenstück, denn es ist am Nasenriemen integriert. Das hat zu Folge, dass der Zügeldruck auf einen dritten Druckpunkt – die Nase – verteilt wird. Bei normalen Trensen wird der Zügeldruck auf das Maul (Laden und Zunge) und auf das Genick verteilt, also nur auf zwei Druckpunkte. Diese Funktionsweise wird besonders gut von Pferden angenommen, die sich z.B. gerne verkriechen und/oder sich nicht an Gebiss ran trauen. Aber auch Pferde, die mal etwas „doll“ werden können, akzeptieren oft den zusätzlichen Nasendruck besser.

    Equitus und Nirak

    Modell "Nirak" von PS of Sweden (li) und Modell "Equitus Beta" von Schockemöhle Sports

    7.    Bügelnasenriemen

    Eine Abwandlung des Bügelnasenriemens ist die „High Jump“ von PS of Sweden. Der Eisenbügel wurde bei diesem Modell durch einen Draht ersetzt. Das Nasenstück ist schön breit und weich und wird von den beiden seitlichen Riemen gehalten. Mit Hilfe des Drahtes kann man den Nasenriemen individuell anpassen. Durch diesen Schnitt wird der Druck gut auf der Nase verteilt, da es auch wieder keinen punktuell angesetzten Sperrriemen gibt. Ein weiterer Vorteil dieses Nasenriemens ist die Entlastung der Zähne.

    High Jump von PS of Sweden

    Modell "High Jump" von PS of Sweden

    An dieser Stelle beenden wir einmal den ersten Teil über Nasenriemen. Es gibt noch sehr viel zu berichten: wie sieht es mit Kappzaum und Co. aus? Was ist generell mit Gebisslosen Zäumungen und was hat es für Auswirkungen, wenn man den Nasenriemen ganz weglässt. Des Weiteren gibt es viele Studien über die Folgen von zu engen Nasenriemen, die wir euch nicht vorenthalten wollen.

    Wie immer gilt: falls ihr Fragen zu den Nasenriemen oder Trensen allgemein habt, meldet euch gerne per Mail (info@helle-kleven.shop) oder telefonisch unter 089-24412683

    Quellen

    Peres-Manrieque, L., León-Perez,K., Zamora-Sánchez,E., Davies,S.,Ober, C., Wilson,B., McGreevy,P. (2020) "Prevalence and distribution of leasions in the nasal bones and manibles of a sample of 144 riding horses" Animals 2020,10,1661; doi:10.3390/ani10091661

    Doherty O., Casey V., McGreevy P., Arkins S. (2017): Noseband Use in Equestrian Sports – An International Study. Department of Life Sciences, University of Limerick, Limerick, Ireland, Department of Physics, University of Limerick, Limerick, Ireland, Faculty of Veterinary Science, University of Sydney, New South Wales, Australia

    Murray, R., Guire, R., Fisher M., Fairfax, V. ( 2015): A Bridle Designed to Avoid Peak Pressure Locations Under the Headpiece and Noseband Is Associated With More Uniform Pressure and Increased Carpal and Tarsal Flexion, Compared With the Horse's Usual Bridle. Journal of Equine Veterinary Science Volume 35, Issues 11–12, November–December 2015, Pages 947-955

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